Extra: Eine kurze Rezension des Buches "Ware Hoffnung"

Extra: Eine kurze Rezension des Buches "Ware Hoffnung"

Substack-Artikel vom 05.07.2023:

Wer will in die Welt der falschen Hoffnung durch pseudowissenschaftliche freie Energie, kalte Fusion und immer wieder neue Versuche des Perpetuum mobile eintauchen?


Ausnahmsweise ein Blogbeitrag, bei dem es nicht im COVID-19 geht, ja nicht einmal um ein anderes medizinisches Thema. In diesem Extra bespreche ich ein Buch von Ulli Gerer, den ich nicht persönlich, sondern nur virtuell von Mastodon kenne.


Ulli Gerer ist im Fediversum als Skeptator bekannt. Er setzt sich dort vor allem mit Pseudowissenschaften und Verschwörungstheorien auseinander. Im Eigenverlag hat er einen Roman zu seinem Lieblingsthema geschrieben. "Ware Hoffnung" ist als eBook auf den gängigen Plattformen sowie in liebevoller Handarbeit als gebundenes oder kartoniertes Buch erhältlich. Ich habe es gelesen.

@skeptator@mastodon.social

Ricardo Torres, Investment Scout für einen etwas windigen Investor, soll sich auf die Such nach Zukunfttechnologien machen, die durch besondere Innovation richtig große Rendite versprechen. Sobald die Hauptpersonen des Buches vorgestellt sind, nimmt die Geschichte so richtig Fahrt auf. Torres, der zu Beginn wenig Ahnung von Physik und Technik, dafür aber einen wachen, kritischen Geist hat, taucht tief in die Welt von pseudowissenschaftlichen Geräten ein, mit denen nichts weniger als die Rettung der Welt durch unbegrenzte, schadstofffreie Energiegewinnung versprochen wird.

Er trifft auf windige Gestalten mit kriminellem Hintergrund, auf charismatische Trickbetrüger, die wie Zauberkünstler den Zuschauern = Kunden mit ihren Illusionen etwas vorgaukeln, auf Gläubige, die trotz einem gescheiterten Projekt nach dem anderen ihre Hoffnung nicht verlieren, dass jetzt endlich die Maschine erfunden wurde, die die Welt durch uraltes energetisches Wissen retten kann. Wissen, dass wir nicht mehr hätten, weil es von “den Mächtigen” durch eine weltweite Verschwörung unterdrückt worden wäre.

Im Gegensatz zum Wissen gründet die Wahrheitsvermutung eines Glaubens nicht auf Logik und Einsicht, sondern allein auf den Aussagen von Autoritäten.

Auf seinem Weg lernt Ricardo Torres die Tricks der Betrüger kennen, und wir mit ihm. Zunehmend verliert er seinen Auftrag des Investment Scoutings aus dem Blick, dringt immer tiefer in die Welt der Verschwörungsgläubigen ein, lernt sein kritisches Denken zu schärfen, beginnt zu begreifen, warum so viele Menschen sich an die Hoffnung klammern, die ihnen als Ware verkauft wird, warum sogar manche Wissenschaftler in die Falle tappen. Und er lernt schließlich am eigenen Leib die Anfeindungen kennen, die jemand erfährt, der den Gläubigen durch Ratio und Faktenevidenz ihre Hoffnung nimmt.


Ein wenig erinnert mich der Stil des Buches mit seiner schnörkellosen Sprache und den kurzen Kapiteln, die uns in rascher Folge an verschiedene Schauplätze führen, an Mark Elsberg. Und wie bei diesem ist die plastische Ausarbeitung der Charaktere keine Stärke des Buches. Die Protagonisten bleiben eher zweidimensional. Wie bei Elsberg liegt das aber vor allem daran, dass die Charaktere nicht im Mittelpunkt des Buches stehen. Im Zentrum steht vielmehr die akribisch recherchierte Welt der Pseudowissenschaften und das lukrative Spiel mit der Hoffnung. Und in der Darstellung dieser Welt ist das Buch richtig stark.

Ware Hoffnung, ein Buch, das ich sehr empfehlen kann.