Neue Metaanalyse: Wie gut schützen Impfungen vor Long Covid?

Neue Metaanalyse: Wie gut schützen Impfungen vor Long Covid?

Substack-Artikel vom 20.10.2023:

:: Impfungen schützen gut, aber wo sind die Impfstoffe? ::


Vor Kurzem erschien einen neue Metaanalyse darüber, wie wirkungsvoll Long Covid durch die Impfungen verhindert werden kann: The effectiveness of COVID-19 vaccine in the prevention of post-COVID conditions: a systematic literature review and meta-analysis of the latest research. (Eine Metaanalyse ist eine Studie, in der die Ergebnisse mehrerer Einzelstudien zusammengefasst und statistisch aufgearbeitet werden. Dadurch soll idealerweise eine klarere Aussage zu einer bestimmten Fragestellung erreicht werden.)

24 Einzelstudien mit insgesamt über 600.000 Studienteilnehmern wurden in die Metaanalyse aufgenommen. Dabei wurde errechnet, dass vollständig geimpfte Personen (definiert als 2 Impfdosen) im Vergleich zu Ungeimpften etwa um ein Drittel seltener an Long Covid erkranken. Der Großteil der Daten für diese Studien wurde noch vor Omikron erhoben. Daten zu Infektionen mit einer der Omikron-Varianten gab es bei nur 25.000 Personen, auch hier wurde eine Impfwirksamkeit von knapp einem Drittel erhoben. Zur Impfwirksamkeit gegen Long Covid nach 3 Impfungen (Booster dose) gibt es wenig Daten. In dieser Metaanalyse kamen die Autoren auf eine Wirksamkeit von 68,7%. Das ist fast zu gut, um wahr zu sein. Allerdings fußt diese Zahl auf nur drei Studien mit insgesamt nicht einmal 6.000 Personen.

Tabelle mit den wichtigsten Ergebnissen der Metaanalyse.

Jede Metaanalyse ist nur so gut wie die inkludierten Studien. Die Autoren weisen selbst auf mehrere Schwierigkeiten hin: die schwammige Definition von Long Covid bzw. Post-Covid, die unterschiedliche Datenerhebung mit der Gefahr von Über- oder Unterdiagnose je nach Studienprotokoll, die Überrepräsentanz von Personen nach einem schwereren Verlauf von COVID-19.

Auch in diesem Blog habe ich vor kurzem versucht, auf einige dieser Punkte einzugehen sowie auch auf die grundsätzliche Problematik, dass der Begriff Long Covid eigentlich sehr verschiedene Krankheitsbilder beinhaltet. Dass geimpfte Personen seltener Folgeerkrankungen von COVID-19 erleiden, weil sie einfach seltener einen schweren Verlauf erleiden, ist naheliegend. Bei jener Form von Long Covid, die vor allem bei jüngeren Menschen und nach einem meist recht milden Verlauf der Akuterkrankung auftritt, schaut die Datenlage dagegen schwächer aus. Mehr dazu in diesem Artikel:

Die Impfung reduziert das Risiko an LongCovid zu erkranken. Auch bei Kindern.
Substack-Artikel vom 13.10.2023: Verschiedene Kategorien von Long Covid, wie gut die Impfungen vor Long Covid schützen und warum eine neue Studie zum Risiko bei Kindern auch für Erwachsene wichtig ist. Eine vor kurzem als Preprint erschienene Studie zu den SARS-CoV-2-Impfungen bei Kindern zeigt eine deutlich Reduktion des Risikos,

Trotz aller Unschärfen und Schwierigkeiten wird die grundsätzliche Erkenntnis durch die Metaanalyse bestärkt: Impfungen reduzieren das Risiko, an Long Covid zu erkranken deutlich.


Die Impfungen schützen, aber man kriegt sie nur schwer

Umso schlimmer ist das Versagen der Politik und auch der Medien in Österreich und anderswo bei den Boosterimpfungen in diesem Herbst. Es gibt praktisch keine Information der Bevölkerung über den Nutzen der upgedateten Booster, und wer sich trotzdem impfen lassen möchte, tut sich sehr schwer, einen Impftermin zu bekommen. Die Tabelle, die der Infektionsepidemiologe Robert Zangerle auf Mastodon gepostet hat, spricht für sich.

In UK bekommen nur Personen ab 65 Jahren, Risikopersonen unter 65 und das Gesundheitspersonal die Impfung. In Österreich, wo die Impfung laut den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums an sich allen ab einem Alter von 6 Monaten zur Verfügung steht und grundsätzlich allen ab 12 Jahren empfohlen wird, wurden bis 10.Oktober lächerliche 30.000 Herbstbooster verimpft.

In Wien wurden die schon vor der COVID-Pandemie für das Influenza-Impfprogramm geöffnet städtischen Impfzentren bis auf ein einziges allesamt geschlossen. Dieses eine Impfzentrum ist völlig ausgebucht. Auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind keine echte Alternative. Selbst diejenigen, die sich den logistischen Aufwand antun, können kaum Impfungen anbieten. Meine Hausärztin erhält zum Beispiel pro Tag genau ein Fläschchen mit 6 Impfdosen. Auch sie hat inzwischen eine Wartezeit von über einen Monat für einen Impftermin.

Das ist die Situation in der Großstadt. Aus den ländlichen Gegenden hört man, dass es ohne lange Fahrtstrecken oft völlig unmöglich sei, Impfungen zu erhalten.

Ein Organisationsversagen auf allen Ebenen. Vielleicht kann irgendjemand recherchieren, wo all die bestellten Impfdosen sind? Und wie viele wurden überhaupt bestellt?

Währenddessen steigt die Zahl der Infektionen mit SARS-CoV-2 deutlich. Man merkt es im Bekanntenkreis, man merkt es in der Notfallaufnahme unseres Spitals und man sieht es auch anhand des nationalen Abwassermonitorings:

Abwasserdaten für Österreich und für Wien in den letzten Monaten. Quelle: abwassermonitoring.at