Update: Die derzeitige Infektionslage, eine Pressekonferenz zur Lufthygiene und der Schwedische Weg in einer Podiumsdiskussion

Update: Die derzeitige Infektionslage, eine Pressekonferenz zur Lufthygiene und der Schwedische Weg in einer Podiumsdiskussion

Substack-Artikel am 15.12.2023:

Betrachtung der aktuelle Infektionslage, Bericht über eine Pressekonferenz, bei der ich nicht war, und das Unvermögen auf Kurt Langbeins nicht zu reagieren.


Wo wir aktuell stehen

In den Daten des österreichischen Abwassermonitorings hält der fast senkrechte Anstieg der Zahl der Genkopien an. Insbesondere in der Metropole Wien sind die Zahlen inzwischen mehr als doppelt so hoch wie in allen bisher erfassten Wellen bis auf eine.

Quelle: abwassermonitoring.at

In Deutschland steigt die Kurve unwesentlich weniger steil.

Quelle: www.rki.de

Das sind nicht nur irgendwelche irrelevanten Virenbruchstücke, die in den Kläranlagen gefunden werden. Denn auch die Zahl der Spitalsaufnahmen wegen COVID-19 nimmt zu und hat bereits ein Drittel des Höchststandes der Pandemie erreicht. Da muss betont werden, dass es sich hier wirklich um Leute handelt, die wegen COVID-19 ins Spital kommen. Getestet wird ja nur mehr bei Verdachtsfällen. Wer wegen was ganz anderem ins Spital kommt, wird in der Regel nicht mehr abgestrichen. Die “mit statt wegen” Debatte ist endgültig vorbei.

Nicht vergessen: Hinter diesen grünen Balken verbergen sich echte Menschen, die aktuell wieder unsere Spitäler füllen, weil sie schlecht Luft bekommen, weil sie - gerade als ältere, gebrechliche Personen - durch die Infektion so schwach sind, dass sie nicht mehr aufstehen, geschweige denn sich selbst versorgen können, oder weil sich im Rahmen der Infektion ihre chronische Krankheit wie Herzschwäche oder Niereninsuffizienz so sehr verschlechtert hat, dass sie einer stationären Behandlung bedürfen.

Dazu kommt noch die langsam in Fahrt kommende Influenzawelle.

Bei uns im Spital spielt es sich derzeit ziemlich ab. Schon wieder sind wir kapazitätsmäßig am Limit. Zum enormen Bettendruck, um die übergehende Notfallambulanz zu entlasten, kommen zahlreiche krankenstandsbedingte Ausfälle des nach vier Jahren ausgebrannten Personals, die aktuell nicht mehr abgefedert werden können.

Habt bitte Geduld mit dem Pflegepersonal, wenn die Versorgung eurer Mama oder eures Opas nicht mehr so ist, wie sie sein sollte! Habt Verständnis, wenn ihr auf der Notfallaufnahme mehrere Stunden warten müsst!

Und seid euch bewusst, dass der Höhepunkt der Welle(n) und damit der Tiefpunkt der medizinischen Versorgung noch nicht erreicht ist.


Pressekonferenz der IGÖ zur Lufthygiene

Heute (15.12.) fand eine Pressekonferenz der Initiative Gesundes Österreich über den Wirtschaftsfaktor Lufthygiene, die aktuelle Infektionslage und die Möglichkeiten für eine bessere, virenärmere Luft statt. Zu meiner großen Ehre bat mich die IGÖ, dabei den medizinischen Teil zu übernehmen. Leider musste ich kurzfristig absagen, da - siehe oben - das, was sich derzeit im Spital abspielt, es mir verunmöglichte eine Tag freizunehmen.

Stattdessen sprang Golda Schlaff ein. Eine ausgezeichnete Wahl. Golda ist die Initiatorin des offenen Briefs an die Ärztekammer, über den ich in diesem Blog bereits berichtet habe.

Wir wünschen uns: Lufthygiene und Masken im Gesundheitswesen, Aufklärung der Bevölkerung und Schulung des Gesundheitspersonals
Substack-Artikel vom ß7.09.2023: :: Ein offener Brief von Ärzt:innen an die österreichische Ärztekammer :: Die Wiener Ärztin Golda Schlaff hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Spela Salamon einen offenen Brief an die Ärztekammer geschrieben, den eine Gruppe von weiteren Ärzt:innen mitunterzeichnet haben. Die COVID-19-Pandemie mit all ihren kurz-, mittel

Weiters sprach der Gesundheitsökonom Thomas Czypionka, der seit Beginn der Pandemie unermüdlich versucht, auf die sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Implikationen der Pandemie hinzuweisen und dabei großartige Artikel wie diesen vom September im Standard schreibt: “Wieder unvorbereitet in den Corona-Herbst”. Drei Monate später würde ich sagen, der Artikel ist - leider - gut gealtert.

Da ich bei der PK nicht dabei sein konnte, kann ich seinen Vortrag nicht wiedergeben. Aber die Zusammenfassung hat es in sich:

Schließlich stellte Hannes Fleischer von der IGÖ Konzepte zur Lufthygiene vor. Mehr dazu findet man auf der Webseite der IGÖ.

Wenige Stunden nach der PK findet sich noch wenig dazu in den Medien. Immerhin berichtet die APA: “Fachleute warnen vor schlechter Raumluft: Mehr Infektionen


Alles locker in der Pandemie?

Vor wenigen Tagen fand eine ganz andere Veranstaltung der Wiener Wochenzeitung Falter statt. Angekündigt war sie als Aufarbeitung der Coronamaßnahmen unter dem Titel "Hat uns Corona kaputt gemacht?" Nachdem zwei der drei Teilnehmer der abschließenden Podiumsdiskussion - die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Alena Buyx und Ex-Gesundheitsminister Rudi Anschober - klarmachten, warum der Titel problematisch ist, ist er von der Webseite des Falter verschwunden.

Der dritte Teilnehmer der Podiumsdiskussion war der Journalist und Filmemacher Kurt Langbein. Langbein fiel als Kritiker der Maßnahmen zur Pandemieeindämmung ab dem Frühling 2020 auf. Und von Beginn weg war er ein Fan des Schwedischen Wegs.

Jetzt haben wir Dezember 2023 und Kurt Langbein wiederholte bei der Podiumsdiskussion all das von ihm seit 2020 bekannte. Er erzählte, dass in Österreich die Spitäler nie am Limit gewesen wären, dass es immer genug Betten und genug Kapazitäten auf den Intensivstationen gegeben hätte. Und ich habe keine Lust mehr, auf all das einzugehen. Wir sind hier ja nicht auf Twitter. Aber ich frage mich, warum wir Trotteln OP-Aufwachräume zu lazarettartigem Ersatz von Intensivstationen umrüsteten, mit OP- und Anästhesiepflege statt geschulter ICU-Pflege. Ich frage mich, warum das Pflegepersonal an all dem miterlebten Elend zerbrach, wenn es doch eh so locker war. Ich frage mich, warum Rettungssanitäter bis zu eineinhalb Stunden mit einem kritisch kranken Patienten im Auto warten mussten, bis endlich ein Spital angefahren werden konnte. Warum passierte das alles, wenn doch - laut Langbein - eh alles halb so schlimm war. Er weiß es von irgendwelchen Excel-Files, nehme ich an.

Außerdem: Die Schweden haben alles besser gemacht. Der schwedische Weg der Massendurchseuchung als Vorbild. Das sagt Langbein eine Woche nach dem Untersuchungsausschuss in UK über den fatal gescheiterten an Schweden angelehnten britischen Weg. Siehe auch:

Flashback: Das Trauma der ersten beiden COVID-Wellen
Substack-Artikel vom 13.11.2023: :: Ein britischer Untersuchungsausschuss deckt das menschliche Versagen der Regierung Johnson auf :: Das anhaltende Trauma des Gesundheitspersonals :: Persönliche Betrachtungen zu Wien 2020 :: In UK läuft derzeit ein Untersuchungsausschuss, in dem die Reaktion der Regierung Boris Johnson auf die ersten beiden, auf der Insel besonders katastrophal verlaufenen

Langbein erwähnte dabei nicht, dass im soziokulturell am ehesten mit SWE vergleichbaren Norwegen:

  • zweieinhalb Mal weniger Menschen an COVID-19 gestorben sind, wobei in SWE v.a. in der Anfangszeit in Pflegeheimen auf Tests verzichtet und somit die Todeszahl wohl unterschätzt wurde.

Und erwähnt nicht ein immerhin im Nature-Verlag erschienenes Paper von 2022, in dem schwedische Wissenschaftler:innen den "schwedischen Weg" analysieren. (“Evaluation of science advice during the COVID-19 pandemic in Sweden”).
Sie beschreiben u.a., wie

  • wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert wurden
  • die Bevölkerung absichtlich über asymptomatische Übertragung, Aerosole und Masken im Unklaren gelassen wurden
  • Bewohner von Pensionisten- und Pflegeheimen Opiate für ein leichteres Sterben statt Sauerstofftherapie erhielten
  • Dokumente nachträglich geändert oder gelöscht wurden, um das eigene Handeln in einem besseren Licht erscheinen zu lassen.

Das sind Aspekte des schwedischen Wegs, die Langbein nicht erwähnt. Schweden ist aufgrund seiner soziokulturellen Struktur eines der ganz wenigen Länder der Welt, in dem der schwedische Weg nicht in die absolute Katastrophe führt. Siehe eben UK, wo ca. 200.000 Menschen für ein ähnliches Experiment mit dem Leben bezahlten. Alleine in der ersten Welle.

Mehr will ich darüber gar nicht schreiben. Stattdessen die Schlussfolgerung des Nature-Artikels über den schwedischen Weg: