Warum ich von Twitter zu Mastodon wechselte. Und warum ich jetzt einen Blog starte.

Warum ich von Twitter zu Mastodon wechselte. Und warum ich jetzt einen Blog starte.

Substack Artikel vom 23.02.2023:

Twitter → Mastodon

Ich war 10 Jahre lang auf Twitter, mein erster Tweet war ein Retweet eines Posts von Armin Wolf. Jeder beginnt eben mal klein.

Erst nutzte ich Twitter einfach zum Quatschen und Diskutieren, Tweets über den SK Rapid sorgten für das größte Interesse. Meine Tweets über mein berufliches Thema Medizin weniger. Sie wurden nur von jenen über FreeJazz unterboten.

Ich lernte tolle Menschen kennen, von denen ich den Großteil bisher ausschließlich online getroffen habe.

Dann kam COVID-19 und alles änderte sich. Die Bettenstation, die ich im Spital leite, war eine der ersten in Wien, die zur Coronastation wurden, die Intensivstation meiner Abteilung ebenso. Anfangs gehörte ich somit zu den wenigen, die Infos aus erster Hand liefern konnten.

Ich tat es aus persönlichem Interesse, weil es mich aus professioneller Sicht faszinierte, mit einer Krankheit zu tun zu haben, die völlig neu und noch nie dagewesen war. Ich tat es auch, um das im Spital - v.a. in den ersten harten Monaten der Pandemie - Erlebte zu verarbeiten. Und ich tat es auch, weil ich informieren wollte und weil viele Leute informiert werden wollten. Und ja: Ein bisschen geschmeichelt über die rasch steigende Zahl an Followern war ich auch.

Auch erstes Medieninteresse entwickelte sich. Journalisten - auch einige prominente - folgten mir auf Twitter. Und ohne es darauf anzulegen, entstand ein Netzwerk, das mir manchmal auch im Reallife hilft. Aber mit dem Lauf der Pandemie nahm auch die Troll-, Querdenker- und Antivaxx-Armee zu und machte Twitter immer ungemütlicher. Tägliches Bullying, Lächerlichmachen, Beschimpfen.

Erst jetzt habe ich verstanden, dass der Algorithmus meine Tweets auch deshalb sichtbarer machte als andere, weil das Thema #COVID19 sie zu einem tollen Ziel von Harrassment machte.

In meinem Fall war es störend, lästig und - wie ich erst nach meinem Teilrückzug bemerkte - durchaus auch belastend. Wenigsten schwappte all das nicht in mein Reallife über. Anders als bei Lisa-Maria Kellermayr, der Ärztin, die nicht von, aber über Twitter in den Selbstmord getrieben wurde.

Twitter verdient nichts anderes, als von einem sich selbst überschätzenden Milliardär in den Ruin gestürzt zu werden. Denn der Algorithmus ist das Problem. Die Struktur, die - wie ich inzwischen auch an mir selbst erkannt habe - oft nicht das Beste aus uns rausholt.

Es tut mir leid um Twitter, das mir viele Jahre lang so viel gegeben hat. Und Twitter verdient gleichzeitig nichts anderes, weil es ein in seinem Innersten kaputtes System (geworden) ist.

Twitter ist nicht mehr meine virtuelle Heimat. Mein dortiger Account ist nur mehr eine leere Hülle.

Meine virtuelle Heimat ist inzwischen im Fediverse, genauer gesagt auf Mastodon: @docjosiahboone

Warum ein Blog?

Auf Twitter war ich das Schreiben von Threads gewohnt. Die kurzen, aneinander geketteten Texthäppchen funktionieren dort gut. Auf Mastodon kommen viele der Apps und v.a. auf der offizielle Webclient mit der Darstellung von Threads nicht so gut zurecht. Längere Texte (bis 5000 Zeichen gibt meine Instanz her) werden nicht von allen gerne gesehen.

Also führte ich eine Umfrage Thread oder lange Posts durch. Die überraschend vielen abgegebenen Stimmen waren mehrheitlich gegen Threads. V.a. aber wurde mir von einigen alteingesessenen Mastodonten (Trötanten? Tootisten? Oder Fedizens? Fedinauten?) empfohlen, Blogbeiträge zu schreiben und drüben zu verlinken.

Ich habe mich also etwas umgeschaut und bin hier untergekommen (Anmerkung 23.12.2023: Mit "hier" war damals noch Substack gemeint.) Zumindest vorläufig. Dieser Blog wird wohl unregelmäßig befüllt werden, je nach Lust, Laune und Zeit. Und er wird auf jeden Fall gratis und ohne Werbung bleiben. Sollte Substack Werbungen einführen, suche ich mir etwas anderes.


Update 23.12.23: Ja, es blieb beim "vorläufig". Zehn Monate später ziehe ich von Substack zu Ghost. Die Gründe sind gar nicht so viel anders als beim Umzug von Twitter zu Mastodon und sind hier nachzulesen:

Bye Substack, hello Ghost!
Warum ich meinen Blog von Substack zu Ghost umsiedle.